„Gibt es denn da auch Sonnencreme?“, fragte eine Schülerin früh morgens am Bahnhof. Mit „da“ ist Polen gemeint – das Land, das wir mithilfe der Erasmusförderung besuchen können. Wir sind 6 Schülerinnen und Schüler der Alexander Behm Schule und zwei Lehrkräfte, Frau Matzen und Herr Golegowski, der zum Glück selbst Pole ist und deshalb bestimmt weiß, ob man in Polen Sonnencreme kaufen kann. „Keine Panik! Es gibt alle Läden und alle Produkte fast so wie hier!“, sagte er.
Nach 13,5 Stunden – natürlich hat der Zug Verspätung, allerdings auf polnischer Seite – kommen wir endlich in Rzesow an. Die Gastfamilien erwarten und begrüßen uns herzlich. Die Schülerinnen und Schüler sind ruck zuck mit ihren Gastfamilien verschwunden und wir Lehrkräfte stehen fast ein wenig verloren herum. Klassenfahrt ohne Kinder – das können wir uns kaum vorstellen. Und tatsächlich ist es auch nicht so. In den nächsten Tagen sind wir viel auf den Beinen. Wir nehmen am Englisch-Unterricht teil, besichtigen die Schule, gehen gemeinsam zu McDonald´s, sprechen Englisch und Polnisch, besuchen eine Salzmine und ein Heimatmuseum. Wir besuchen ein topmodernes Sportzentrum, in dem wir Bubblesoccer spielen, Bouldern und Fußball in einer Kunstrasenturnhalle bolzen können. An einem Tag sind wir sogar in einer schulinternen, virtuellen Schießbahn. In einem verdunkelten Klassenraum sind Projektoren aufgebaut, die geometrische Figuren zeigen, die nun mit echtwirkenden Waffen beschossen werden sollen. Das Gas in den Patronen sorgt sogar für einen Rückstoß – wir empfinden das als sehr befremdlich. Ob die Nähe zur Ukraine und dem dortigen Konflikt ein Grund dafür ist, das Schießen gesellschaftsfähig zu machen?
Unsere eigentliche Aufgabe ist allerdings der Besuch der Gedenkstätte Auschwitz und Birkenau. Werden die Schülerinnen und Schüler alles verstehen? Werden sie das alles verkraften? Werden sie sich benehmen? Der Guide durch das Lager spricht nicht akzentfrei und allen fällt es schwer, seinen geschichtlichen Erklärungen zu folgen. Trotzdem benehmen sich die Schülerinnen und Schüler 1A.
An den darauffolgenden Tagen wird das Thema vertieft: Wie ging es dir in der Gedenkstätte Auschwitz? Was hat dich besonders bewegt? Kann so etwas wieder passieren? Wie kann sich eine Gesellschaft dagegen wehren? Warum ist das damals passiert? Besonders Herr Golegowski kann die Fragen beantworten, er ist nämlich auch Geschichtslehrer. Es werden Plakate erstellt und Collagen geklebt. „So etwas darf nie wieder passieren“, sagt eine Schülerin.
Auf dem Weg nach Hause sind wir wieder viel zu spät. Aber das ist nicht schlimm: Wir bekommen endlich Zeit, um uns auszuruhen.
Text: L. Matzen